Wahrscheinlich ist schon dieser Text eine „Öffnungsdiskussionsorgie“, wie die Kanzlerin seit neuestem Bedenken abzuräumen versucht. Aber wann, wenn nicht jetzt, soll eine föderale Demokratie über Öffnungen diskutieren? Wann, wenn nicht jetzt, wo die Hälfte der Betriebe Kurzarbeit angemeldet hat? Wann, wenn nicht jetzt, wo Kinder seit Wochen keine Schule mehr von innen gesehen haben? Wann, wenn nicht jetzt, wo Gläubige ihres Grundrechts auf „ungestörte Religionsausübung“ beraubt sind?
Offenbar haben die Rekordwerte in Umfragen die Regierung einäugig gemacht. Generationen von Schülern werden abgehängt, Zehntausende Unternehmer stehen vor dem Nichts, kulturelle Einrichtungen vor dem Aus, Millionen vor der Arbeitslosigkeit. Deutschland kam bislang gut durch die Krise, weil nur ein wirtschaftlich starkes Land sich ein starkes Gesundheitssystem leisten kann.
Das ist kein Plädoyer für das blinde Hochfahren, aber es ist eines für dosierte lokale Lockerungsübungen. Der Föderalismus birgt die Chance, die schlimmen Folgen des Stillstandes zu begrenzen und zugleich Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus zu gewinnen. Wo wenige oder gar keine Infizierten leben, könnten Schulen und Cafés öffnen.
Denn lebensgefährlich ist auch der Stillstand. Keiner weiß, wann und ob es einen Impfstoff gibt. Wir werden lange mit dem Virus leben müssen. Wer den Stillstand bis dahin fortsetzen will, wird die deutsche Wirtschaft zerstören – und damit das, was er nun retten will.