Braunschweig. Dem Regionalverband Großraum Braunschweig drohen beim Bau von Hunderten von Windkrafträdern zwischen Harz und Heide Schwierigkeiten.

Unser Leser Martin Kämmer aus Braunschweig fragt:

Wird es in Zukunft in unserem Land immer so sein, dass über die Köpfe der Bürger hinweg falsche oder dumme Entscheidungen getroffen werden?

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Der Ansatz unseres Lesers in puncto Windkraft mag besonders kritisch sein. Ganz allein steht er aber nicht da. Zwischen Harz und Heide haben sich eine Reihe von Bürgerinitiativen gegen die geplanten Windparks gegründet. Sie fühlen sich vom Regionalverband Großraum Braunschweig, der die Vorrangflächen ausweist, übergangen. Mal geht es um fehlenden Abstand zur Siedlung, mal um den Schutz bedrohter Vogelarten, die sich in den Rotoren verfangen, mal um den befürchteten Schall der 200 Meter hohen Windrad-Riesen.

49 Flächen mit einer Größe von 7000 Hektar sollen entstehen. Das entspricht etwa 10 000 Fußballfeldern. Zum Teil werden bestehende Flächen erweitert.
49 Flächen mit einer Größe von 7000 Hektar sollen entstehen. Das entspricht etwa 10 000 Fußballfeldern. Zum Teil werden bestehende Flächen erweitert.

Dass dem Regionalverband nun Schwierigkeiten drohen, da die prüfende Behörde, das Amt für regionale Landesentwicklung, ernsthafte Bedenken geäußert hat, kommt bei den Gegnern natürlich besonders gut an. Felicitas Naundorf aus Süpplingen im Kreis Helmstedt etwa kämpft seit Jahren gegen den geplanten Windpark vor ihrer Haustür. Sie und ihre Bürgerinitiative Windkraftgegner Elm sind besonders aktiv. Sie sagte: „Wir fühlen uns durch das Landesamt bestätigt. Die Zeit spielt für uns.“ Es zeige sich: „Der Regionalverband plant an den Bürgern vorbei.“ Die Gerechtigkeit obsiege nun.

Marcus Bosse ist SPD-Fraktionschef in der Verbandsversammlung des Regionalverbands. Es ist Aufgabe der Politik, der Verbands-Verwaltung auf die Finger zu schauen. Zu den Schwierigkeiten mit der Genehmigung sagte er: „Ich höre zum ersten Mal davon.“ Er hält sich sehr bedeckt, obwohl eine jahrelange Verzögerung droht. Eventuell müssen die Bürger erneut angehört werden. Bosse sagte: „Wir wollen die Verwaltung ihre Arbeit machen lassen und nicht politisch Einfluss nehmen.“

Auch für Reinhard Manlik kommen die Bedenken des Landesamtes überraschend, wie er sagte. „Ich weiß natürlich, dass es Streitfälle mit Blick auf einzelne geplante Windparks gibt.“ Er wolle aber wissen: „Welche Planungsfehler werden der Verwaltung vorgeworfen? Wer wusste davon?“ Erst dann werde die Politik handeln.

Alexander Heidebroek vom Bundesverband Windenergie vertritt etwa 300 Unternehmen in unserer Region. Ihn überraschen die nun aufgetretenen Probleme nicht, wie er sagte. „Der Verband hat einige Dinge nicht sauber abgearbeitet.“ Dazu würden die Abstände der Windparks zu den Siedlungen zählen. Diese Probleme erkennt auch das Landesamt – und wird die Pläne als Ganzes womöglich nicht genehmigen.

Heidebroek sagte: „Das ist unverständlich und sehr ärgerlich für uns.“ Schließlich plane der Regionalverband bereits seit 2011. Bauen werden am Ende Investoren wie Heidebroek.

Der Windkraft-Unternehmer sieht fehlende Planungssicherheit für die Firmen. „Wir wollen die Energiewende – und schieben das in unserer Region womöglich weitere zwei Jahre vor uns her.“ Es gehe auch um die Mitarbeiter in den Unternehmen. „So mancher Betrieb hält die Wartezeit vielleicht nicht mehr durch.“

Helmstedts Landrat Gerhard Radeck hält das Thema Windparks für wichtig. Er hat es im Landkreis zur Chefsache gemacht. „Das Thema bewegt mich“, sagte er. Radeck verweist auf die Schutzzone von fünf Kilometern, die es eigentlich um den Elm geben sollte. Stand jetzt wird diese nicht eingehalten. Es stehe ihm nicht an, die Qualität der Arbeit des Regionalverbands zu bewerten, sagte Radeck. Aber: „Dass die Planung so lange dauert, mutet schon seltsam an.“ Dringend müsse eine Entscheidung her. Diese lässt aber wohl weiter auf sich warten.