Berlin. In der EU könnte neue Corona-Impfstoffe zugelassen werden. Sie basieren nicht auf der mRNA-Technik – können sie Skeptiker überzeugen?

  • Die Corona-Lage in Deutschland hat sich kürzlich wieder verschlechtert
  • Das liegt vor allem daran, dass immer noch zu wenig Menschen geimpft sind
  • Zwei neue Corona-Impfstoffe könnten Skeptiker überzeugen: Was können die Vakzine von Novavax und Valneva?

Im Kampf gegen das Coronavirus sind Impfungen zum wichtigsten Mittel geworden – zumindest in den Industriestaaten, wo reichlich Impfstoff vorhanden ist. Doch immer noch wollen sich viele Menschen nicht mit den mRNA-Impfstoffen von Biontech, Moderna oder den Vektorimpfstoffen von Astrazeneca und Johnson & Johnson immunisieren lassen. Denn auch wenn die Impfstoffe vor ihrer Zulassung gründlich geprüft wurden, bleibt bei vielen Menschen die Angst vor bisher unbekannten und nicht aufgetretenen Nebenwirkungen. Lesen Sie auch: Corona-Impfung – Warum die Angst vor Lanzeitfolgen unbegründet ist

Parallel wird weiter an neuen Impfstoffen geforscht, die auf "klassische" Weise wirken. Die drei aussichtsreichsten Kandidaten für eine Zulassung in der Europäischen Union eröffnen dabei zwei neue Impfstoffklassen im Kampf gegen Corona – und zwar solche, die schon seit langer Zeit bei anderen Impfungen eingesetzt werden. Welche Impfstoffe bald eine Zulassung in der EU bekommen könnten, lesen Sie hier.

Valneva: Der erste Totimpfstoff gegen Corona

Die französisch-österreichische Firma Valneva befindet sich mit ihrem Impfstoff "VLA2001" aktuell in einer Phase-3-Studie mit mehr als 4000 Teilnehmenden in Großbritannien – die Entwicklung ist also schon weit vorangeschritten.

Im Gegensatz zu den bisher zugelassenen Impfstoffen enthält "VLA2001" nicht nur Bau- oder Bestandteile des abgetöteten Virus, sondern das ganze inaktivierte Virus. Damit arbeitet der Valneva-Impfstoff ähnlich wie herkömmliche Impfstoffe gegen die Grippe oder Tetanus.

Lesen Sie hier: Neuer Totimpfstoff sorgt für überraschende Ergebnisse

Erste Studienergebnisse der Phase-3-Studie in Großbritannien sehen den Valneva-Impfstoff auf einem guten Weg: "Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser Impfstoffkandidat auf dem besten Weg ist, eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Pandemie zu spielen", erklärte Adam Finn, Studienleiter und Professor für Pädiatrie an der Universität in Bristol in einer Pressemitteilung des Unternehmens vom 18. Oktober.

Bis zur Zulassung des Totimpfstoffes dauert es allerdings noch, sagt Prof. Dr. Uwe Gerd Liebert, der ehemalige Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig, dem MDR: "Auch wenn die Ergebnisse der Phase-3-Studie gut sind, es wird noch ein bisschen dauern, bis der Wirkstoff zugelassen wird. Denn er muss nicht nur wirksam, sondern auch sicher sein."

Novavax: Entscheidung über Zulassung am 20. Dezember

Der Impfstoff "NVX-CoV2373" kommt von der US-Firma Novavax und ist ein proteinbasierter Wirkstoff. Er enthält Bestandteile des sogenannten Spike-Proteins - einem Eiweiß auf der Oberfläche von Sars-Cov2-Viren. So kann das körpereigene Abwehrsystem auf das Protein reagieren und so einen Schutz gegen Covid-19 aufbauen. Fälschlicherweise wird Novavax auch immer wieder als Totimpfstoff bezeichnet.

In einer Phase-3-Studie mit über 30.000 Teilnehmenden in den USA und Mexiko konnte der Novavax-Impfstoff gute Ergebnisse erzielen. Nach einer Impfung mit "NVX-CoV2373" reduzierte sich das Risiko für symptomlose Infektionen oder leichte Erkrankungen um mindestens 83 Prozent, das Risiko für mittelschwere bis schwere Erkrankungen sogar um mindestens 87 Prozent, wie aus der Vorveröffentlichung der Studienergebnisse vom 10. Oktober 2021 hervorgeht.

Novavax überzeugte in Studien mit einer hohen Wirksamkeit.
Novavax überzeugte in Studien mit einer hohen Wirksamkeit.

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA kündigte am Donnerstag an, am 20. Dezember über die Zulassung für "NVX-CoV2373" entscheiden zu wollen. Die zuständige Expertenkommission will den Antrag in einer außerordentlichen Sitzung behandeln. Nach der Entscheidung der EMA muss noch die EU-Kommission über die Zulassung für den Impfstoff entscheiden. Das gilt allerdings als Formsache.

Novavax hat mit Problemen bei Herstellung zu kämpfen

Novavax hat bereits eine Marktzulassung in der Europäischen Union beantragt. Die in Amsterdam ansässige EU-Arzneimittelbehörde (EMA) teilte am mit, sie habe bereits mit der Prüfung begonnen und werde voraussichtlich in "einigen Wochen" eine Entscheidung bekanntgeben.

Doch selbst zu einer Zulassung kommt, könnte es noch eine Weile dauern, bis der Novavax-Impfstoff tatsächlich den Weg in die Oberarme von Europas Bevölkerung findet. Denn Novavax hat mit Problemen bei der Herstellung zu kämpfen, in USA wackelt deshalb auch die Zulassung.

Vidprevtyn: Impfstoff mit unbekanntem Zulassungsdatum

Ein weiterer proteinbasierter Impfstoff wird vom französischen Unternehmen Sanofi Pasteur entwickelt. Angaben zu Wirksamkeit und eventuellen Nebenwirkungen des Impfstoffes namens Vidprevtyn liegen noch keine vor.

Das liegt daran, dass die europäische Arzneimittelbehörde erst im Juli mit einem beschleunigten Zulassungsverfahren, der sogenannten "Rolling Review" begonnen hat. Das bedeutet, dass Studiendaten im laufenden Zulassungsprozess eingereicht und bewertet werden können – bevor alle klinischen Daten vorliegen. Weil sich der Impfstoff noch im Zulassungsverfahren befindet, gibt es keine zuverlässigen Informationen darüber, ab wann Vidprevtyn in Deutschland verfügbar sein wird.

CoVac-1 liefert gute Ergebnisse

Das nächste hoffnungsvolle Vakzin heißt CoVac-1 und ist weder ein Totimpfstoff noch basiert es auf mRNA, sondern auf Proteinen Es könnte Skeptiker überzeugen, die keine Impfgegner sind, aber auf eine schonende Alternativen zu den etablierten Präparaten warten.

Von proteinbasierten Impfstoffen wie CoVac-1 nahm man bisher an, dass sie besser verträglich sind, aber keine so starke Immunantwort hervorrufen wie die Präparate von Biontech und Moderna.

Umso überraschender das Ergebnis der Phase-I-Studie mit 36 gesunden Probanden und Probandinnen zwischen 18 und 80 Jahren, die das Tübinger Universitätsklinikum am Abend bekanntgab. Die Studie, im November 2020 gestartet, belege "eine potente Aktivierung der T-Zell-Antwort gegen das Coronavirus".

  • Nach vier Wochen eine breite und starke Immunantwort, die auch danach anhielt.
  • Gleiche Wirksamkeit bei allen SARS-CoV-2-Varianten, also auch bei Delta.
  • Stärkere Reaktionen als bei Genesenen nach Infektion oder sogar bei einer Impfung mit den zugelassenen mRNA- oder Vektorimpfstoffen.